Analysenspektrum Molekulargenetik

Teleangiektasie, hereditäre hämorrhagische (ENG, ACVRL1, SMAD4)

OMIM: 187300, 600376, 175050
Diagnostik:

Sequenzierung und CNV: ENG, ACVRL1, SMAD4

Material:

2 ml EDTA-Blut

Analysezeit: 4 Wochen
Formulare:  

Die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT, Synonyme: Morbus Osler oder Rendu-Osler-Weber-Syndrom) ist eine autosomal-dominant vererbte Störung der Angiogenese mit arterio-venösen Erweiterungen, die vor allem als hämorrhagische Teleangiektasien der Haut und Schleimhäute in Erscheinung treten.

Die häufigsten klinischen Symptome sind Epistaxis (chronisches Nasenbluten, spontan und rezidivierend, mehr als 90% der Erkrankten), das manchmal schon bei Kindern eine Anämie erzeugt, multiple Haut- oder Schleimhaut-Teleangiektasien in typischen Lokalisationen v.a  an Lippen, Mundhöhle, Fingern und Nase, die bei Erwachsenen auftreten und mit dem Alter zunehmen, und viszerale-arteriovenöse Malformationen (AVMs) an inneren Organen, vor allem der Lunge, im Gastrointestinaltrakt, des Gehirns und der Leber. Diese AVMs bleiben entweder symptomlos oder können sehr vielfältige Symptome verursachen wie z.B. Hirnabszesse, transiente ischämische Attacken, chronische Hypoxie, Blutungen, leichte Hirndruckzeichen, portale Hypertension, Lungenhochdruck, arterio-venöse Fisteln der Lunge oder pseudo-obstruktive Cholangitis. AVMs mit Blutungen im Verdauungstrakt nehmen mit zunehmendem Alter an Größe zu und verstärken die Anämie.

Therapeutisch steht die Kontrolle der Anämie, die Prävention und Therapie des Nasenblutens sowie beim Management der AVMs die frühe Erkennung und Okkludierung im Vordergrund. Bei besonders schweren Verläufen kann eine Lebertransplantation erforderlich sein. Erste Hinweise besagen, dass Morbus Osler-Patienten mit Komplikationen wie arteriovenöse Malformationen mit Shunts in der Leber und Volumenbelastung des Herzens auf Bevacizumab (Avastin) ansprechen.  Bevacizumab ist ein  Medikament, dass eigentlich zur Behandlung von Darmkrebs, Brustkrebs und einigen Lungenkrebsarten zugelassen ist und dessen Wirkung auf der Unterdrückung von Gefäßneubildung beruht. Die Prognose wird durch die Beteiligung der inneren Organe bestimmt. Die meisten Patienten haben eine normale Lebenserwartung.

Diagnosestellung Morbus Osler nach den von einer Expertengruppe auf der Insel Curacao entwickelten Kriterien (Curacao-Kriterien):

  • Auftreten von Teleangiektasien
  • bekanntes Auftreten der Krankheit in der Familie (direkte Vorfahren)
  • Beteiligung von inneren Organen

Bei Vorliegen eines der Kriterien, ist das Vorhandensein von Morbus Osler möglich, aber unsicher. Liegen zwei Kriterien vor, ist die Krankheit wahrscheinlich. Kann man alle drei bestätigen, gilt die Diagnose Morbus Osler als gesichert

Bisher sind mehrere genetische Typen bekannt, die HHT verursachen können. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle liegen Mutationen im ENG-Gen (HHT1, 9q34.11) und im ACVRL1-Gen (HHT2, 12q13.13) vor. Dabei ist bei Patienten mit HHT1 meist ein schwererer Krankheitsverlauf als bei Patienten mit HHT2 zu beobachten. HHT2-Patienten zeigen einen milderen klinischen Verlauf in der Regel ohne pulmonale Beteiligung. Beide Gene kodieren für membranständige Proteine, die eine wichtige Rolle bei der Signaltransduktion des `transforming growth factor ß´ (TGF-ß) spielen. In seltenen Fällen können auch Mutationen im SMAD4-Gen (18q21.2) vorliegen. In diesen Fällen ist die HHT häufig mit Juveniler Polyposis assoziiert. Der Erbgang ist autosomal-dominant, das heißt, es besteht ein 50%iges Erkrankungsrisiko für die Nachkommen, unabhängig vom Geschlecht. Die Penetranz ist altersabhängig und im Alter von 45 Jahren nahezu 100%.

Indikation:

Mutationsanalyse bei

  • rezidivierendem Nasenbluten
  • multiplen Haut- und Schleimhaut-Teleangiektasien
  • viszeralen-arteriovenösen Malformationen (AVMs) unklarer Ätiologie
  • einer positiven Familienanamnese

Durch die molekulargenetische Untersuchung wird die klinische Verdachtsdiagnose bestätigt. Eine frühzeitige diagnostische Absicherung empfiehlt sich zur Prävention und zur Therapie von betroffenen Genträgern.

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