Analysenspektrum Molekulargenetik

Porphyrie, akute intermittierende (HMBS)

OMIM: 176000
Diagnostik:

Sequenzierung und CNV: HMBS

Material:

2 ml EDTA-Blut

Analysezeit: 3-4 Wochen
Formulare:  

Die akute intermittierende Porphyrie (AIP) wird autosomal dominant vererbt und ist die häufigste Form der akuten Porphyrien. Charakterisiert wird die AIP durch akute (in Schüben verlaufende) neurologische Störungen, bei dem sich anfallsartig auftretende Porphyrieattacken mit beschwerdefreien Phasen abwechseln. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Der Erkrankungsgipfel liegt im dritten Lebensjahrzehnt.

Das Ausmaß der Symptomatik der AIP ist sehr variabel. Viele Patienten haben keine Beschwerden oder sind latent erkrankt. Nur ca. 20% der Anlageträger sind im Laufe ihres Lebens von klinischen Manifestationen der AIP betroffen.

Die akuten Porphyrieattacken sind oft medikamenteninduziert, können aber auch durch Infektionen, Alkohol, Operationen, Stress, Diät und Hypoglykämien ausgelöst werden. Im Schub zeigen sich klassische neurologische Symptome wie kolikartige, starke Bauchschmerzen, die von Obstipation, Übelkeit und Erbrechen begleitet sein können, Tachykardie, arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), Muskelschwäche, Paralysen, Psychosen, zerebrale Krampfanfälle, Parästhesien sowie Paresen. Eine ausführliche Zusammenstellung von Medikamenten (v.a. Cytochrom P450 induzierende Medikamente), die Porphyrieattacken auslösen können, findet sich in der Roten Liste.

Symptome bei der akuten intermittierenden Porphyrie
(in abfallender Häufigkeit)

Bauchschmerzen
Tachykardie
periphere Lähmung
Parästhesien
Erbrechen
Obstipation
Diarrhö
Muskelschwäche
Krämpfe
Atemlähmung
Mentale Symptome (Verwirrtheit, Halluzinationen)
Hochdruck
epileptische Anfälle
Koma

Bei einer akuten Attacke werden die Patienten oft intensivmedizinisch betreut, da es häufig zu neuroviszeralen Beschwerden kommt (zum Beispiel akutes Abdomen) bis hin zu neurologischen Ausfällen, die einen tödlichen Verlauf nehmen können. Patienten mit einer AIP müssen daher mit Notfallausweisen versorgt und ausführlich über ihre Krankheit sowie Faktoren, die Attacken auslösen können, informiert werden. Durch Meidung dieser „Trigger“ können akute, lebensbedrohliche neurologische Attacken verhindert oder zumindest gemildert werden.

Therapeutisch stehen wähend einer akuten Attacke die Gabe von Glukose, das die d-ALA-Synthase hemmt bzw. Häm-Arginat (Normosang) im Vordergrund. Durch die Zufuhr von Häm wird das erste Enzym der Hämsynthese und damit die Bildung von Porphobilinogen (PBG) gehemmt. Schmerzen, schweres Erbrechen, therapiepflichtige Tachykardie oder Hochdruck werden symptomatisch behandelt. Begleitend zur Therapie werden Laborkontrollen empfohlen.

Die AIP wird verursacht durch Mutationen im Hydroxymethylbilan-Synthase-Gen (HMBS-Gen), das auf dem langen Arm von Chromosom 11 kartiert (11q23.3) und für das Protein Porphobilinogen-Desaminase (PBGD) kodiert. PBGD ist das dritte Enzym der Hämbiosynthese. Bei Vorliegen einer Mutation im HMBS-Gen kommt es zu einer Reduktion der Aktivität von PBGD um ca. 50 Prozent, die bei normaler Stoffwechsellage für die Porphyrinsynthese ausreicht. Akute Porphyrieattacken treten auf, wenn die Hämsynthese durch Medikamente, Alkohol oder Infektionen gesteigert wird und die mangelnde PBGD-Aktivität zu einer Akkumulation von Porphyrinvorläufern führt. Diese Anreicherung verursacht die o.g. Symptome.

Eine rasche und zuverlässige Diagnosestellung ist daher von größter Bedeutung, um eine adäquate Therapie einleiten zu können und die neurologischen Schädigungen zu begrenzen.

Indikation:

Mutationsanalyse bei

  • Akkumulation von Porphyrinen und Porphyrinvorstufen (D-ALA, PBG) im Urin
  • akut einsetzenden, kolikartigen Bauchschmerzen
  • Muskelschwäche unklarer Ursache
  • unklaren neurologischen Störungen
  • familiärer Häufung

 

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