Analysenspektrum Molekulargenetik

Karzinom, Kolorektales

OMIM: 120435; 120436; 600678; 609309; 609310; 604395; 600258; 600259; 190182
Diagnostik:

Sequenzierung und CNV: APC, ATM, BARD1, BMPR1A, BRCA1, BRCA2, BRIP1, CDH1, CDKN2A, CHEK2, EPCAM, GREM1, MLH1, MSH2, MSH3, MSH6, MUTYH, NBN, NTHL1, PALB2, PMS2, POLD1, POLE, POT1, PTEN, RAD51C, RAD51D, SMAD4, STK11, TP53

Material:

2 ml EDTA-Blut (2 Röhrchen)

Analysezeit: 6 - 8 Wochen
Formulare:  

Etwa 5-10% aller Dickdarmkarzinome werden derzeit als erblich eingeschätzt. Die häufigste Form des erblichen Dickdarmkarzinoms ist das Lynch-Syndrom, das auch als HNPCC bezeichnet wird (hereditäres nicht polypöses Kolorektales Karzinom) und für ca. 3% aller Dickdarmkarzinome verantwortlich ist. Häufig sind die Dickdarmkarzinome im Rahmen einer HNPCC im rechten Dickdarm (Colon ascendens; Colon transversum) lokalisiert, wobei auch Karzinome im Enddarm (Rektum) vorkommen. Neben den HNPCC-Genen sind noch weitere Gene bekannt, die mit dem Vorliegen eines kolorektalen Karzinoms assoziiert sind.

Folgende molekulargenetische Untersuchungen sind möglich:

  • Lynch-Syndrom – Gene: EPCAM, MLH1, MSH2, MSH3, MSH6, PMS1, PMS2
  • Lynch-Syndrom, HNPCC – Gene: MLH1, PMS2
  • Lynch-Syndrom, HNPCC – Gene: MSH2, MSH6, EPCAM
  • Kolorektales Karzinom – Gene: APC, ATM, BARD1, BMPR1A, BRCA1, BRCA2, BRIP1, CDH1, CDKN2A, CHEK2, EPCAM, GREM1, MLH1, MSH2, MSH3, MSH6, MUTYH, NBN, NTHL1, PALB2, PMS2, POLD1, POLE, POT1, PTEN, RAD51C, RAD51D, SMAD4, STK11, TP53

Unseren Patienten-Fragebogen finden sie hier.

HNPCC abhängige Dickdarmkarzinome zeigen bei der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) oft ein typisches Bild: medulläre,  mucinöse oder Siegelring-Karzinome, die eine starke Infiltration mit Lymphocyten (Immunzellen). Der HNPCC liegt ein Defekt der DNA-Reparatur (DNA =Desoxyribonukleinsäure) zugrunde. Durch den genetisch bedingten Ausfall eines der DNA-Reparatur-Proteine (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2, in seltenen Fällen PMS1, MLH3) können Fehler, die während der Zellteilung in der DNA auftreten („Schreibfehler bei der Verdopplung der DNA im Rahmen der Zellteilung“), nicht ausreichend repariert werden. Dadurch kommt es zur Anhäufung multipler Mutationen, die im Tumorgewebe als sog. Mikrosatelliteninstabilität (MSI) nachgewiesen werden können. Mittels einer „Anfärbung“ der DNA-Reparaturproteine im Tumorgewebe kann man i.d.R. bei HNPCC darstellen, dass eines dieser Proteine fehlt (Immunhistochemie, IHC).

Der sichere Nachweis, dass es sich um ein Lynch-Syndrom handelt, ist i.d.R. durch eine Blutanalyse möglich, bei der das entsprechende DNA-Reparatur-Gen (MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2) auf Vorliegen einer Mutation untersucht wird. Ist die zugrunde liegende Mutation in einer Familie einmal bekannt, können weitere Familienmitglieder gezielt untersucht werden, auch wenn sie noch gesund sind (Gentest bei Darmkrebs).  Die molekulargenetische Untersuchung, die im Rahmen einer gründlichen Information und Beratung des Patienten erfolgen sollte, ermöglicht gezielte und rechtzeitige Vorsorgemaßnahmen, die die Mortalität und Morbidität senken können.

Bei Nachweis einer Mutation ergibt sich ein Lebenszeitrisiko für ein Dickdarmkarzinom von etwa 40-85 %. Bei der HNPCC treten neben den Dickdarmkarzinomen häufiger auch andere Tumore auf. Nach dem Dickdarmkarzinom ist die häufigste Tumormanifestation der HNPCC das Karzinom der Gebärmutter mit einem Lebenszeitrisiko von ca. 20-40 %.

Deutlich seltener als Dickdarm-Karzinome und Gebärmutter-Karzinome aber häufiger als in der Durchschnittsbevölkerung treten Karzinome des Urothels (Harnleiter, Nierenbecken oder seltener der Harnblase), der Eierstöcke, des Magens, des Dünndarmes, des hepatobiliären Systems (Gallengänge, Leber, Bauchspeicheldrüse), der Prostata und des Gehirns auf. In manchen Familien gehören auch Hauttumore dazu.

Neben den HNPCC-Genen sind noch weitere Gene bekannt, die mit dem Vorliegen eines kolorektalen Karzinoms assoziiert sind.

Indikation:

Nachfolgend die Einschlusskriterien für eine HNPCC:

Revidierte Bethesda-Kriterien (2004)
mindestens ein Kriterium muss erfüllt sein

  1. Person mit Dickdarmkarzinom, diagnostiziert vor dem Alter von 50 Jahren.
  2. Person mit gleichzeitig oder nacheinander aufgetretenen HNPCC-assoziierten Tumoren (Gebärmutter, Magen, Eierstock, Bauchspeicheldrüse, Harnleiter, Nierenbecken, Gallengänge, Gehirn, Talgdrüsenadenome und Keratoakanthome, Dünndarm).
  3. Person mit Dickdarmkarzinom mit „MSI-H Histologie“ (Vorliegen von tumorinfiltrierenden Lymphozyten, Crohn-ähnlicher lymphozytärer Reaktion, muzinöser / siegelringzelliger Differenzierung oder medullärem Wachstumsmuster), diagnostiziert vor dem Alter von 60 Jahren.
  4. Person mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), die einen Verwandten 1. Grades mit HNPCC-assoziiertem Tumor hat, diagnostiziert vor dem Alter von 50 Jahren.
  5. Person mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), die mindestens zwei Verwandte 1. oder 2. Grades hat, bei denen ein HNPCC-assoziierter Tumor diagnostiziert wurde (unabhängig vom Alter)

Für Patienten mit HNPCC Anlage gelten folgende Vorsorgeempfehlungen:

  • körperliche Untersuchung
  • Abdomensonografie („Ultraschall des Bauchraumes“)
  • Ösophago-Gastroduodenoskopie („Magenspiegelung“)
  • komplette Koloskopie („Darmspiegelung“)
  • vaginale Sonografie plus Endometriumbiopsie mittels Pipelle Methode
  • ggf. Urinzytologie, PSA Bestimmung, Hautuntersuchung, Brustuntersuchung, MRT Kopf, Kapselendoskopie

Die Untersuchungen erfolgen jährlich beginnend mit dem 25. Lebensjahr.

Zusätzliche Downloads: