Analysenspektrum Molekulargenetik

Angelman-Syndrom

OMIM: 105830
Diagnostik:

methylierungssensitive MLPA; Sequenzierung UBE3A-Gen

Material:

postnatal: 2 ml EDTA-Blut, Wangenschleimhaut
pränatal: Amnionzellen

Analysezeit: 2 Wochen
Formulare:  

Beim Angelman-Syndrom (AS) handelt es sich um eine seltene neurogenetische Erkrankung. Die weltweite Prävalenz wird auf 1: 10000- 1: 20000 geschätzt. Patienten mit AS weisen bei der Geburt normale Körpermaße und keine metabolischen Auffälligkeiten auf.

In den ersten 6 Lebensmonaten können Fütterungsprobleme und eine Muskelhypotonie auftreten. Ab ca. dem 6. Lebensmonat folgt eine Entwicklungsverzögerung, wobei die typischen Symptome des AS in der Regel erst ab dem Alter von 1 Jahr gut erkennbar sind. Charakteristisch für das Angelman-Syndrom ist eine meist fröhliche Grundstimmung, die durch häufige Lachanfälle mit Handstereotypien und durch ein ausgeprägtes freundliches Verhalten gekennzeichnet ist. Betroffene Kinder zeigen ein schweres intellektuelles Defizit auf, sie entwickeln wenig bis keine aktive Sprache, wobei das Sprachverständnis (rezeptive Sprache) meist besser entwickelt ist. Als weitere Zeichen wurden eine Hyperaktivität ohne Aggression, geringe Aufmerksamkeitspanne, leichte Erregbarkeit, Schlafstörungen mit verringertem Schlafbedürfnis, erhöhte Wärmeempfindlichkeit, Mikrozephalie und neurologische Störungen wie z.B. Ataxie, epileptische Anfälle mit spezifischen elektroenzephalographischen Anomalien beschrieben. Betroffene Kinder weisen Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen auf, sie bewegen sich oft steif und ruckartig (puppenartiger Gang) und recken oft die Arme hoch, wodurch ihnen das Laufen schwerfällt.

Verursacht wird das Angelman-Syndrom durch den Funktionsverlust des UBE3A-Gens, welches in einem Bereich auf dem Chromosom 15 (15q11q13) liegt, in dem Gene einer elterlichen Prägung unterliegen (genomisches Imprinting). Gene, die in diesem Bereich des Chromosoms 15 lokalisiert sind, sind nur auf einem der elterlichen Chromosomen aktiv, entweder auf dem väterlichen Chromosom 15, oder auf dem Chromosom 15, das von der Mutter ererbt wurde. Eine Modifikation (Methylierung) regulatorischer DNA-Abschnitte auf dem mütterlichen oder väterlichen Chromosom (15) nennt man Imprinting. Durch das Imprinting wird die Aktivität bestimmter Gene direkt oder indirekt beeinflusst. In den Nervenzellen des Gehirns ist nur das mütterliche UBE3A aktiv; das väterliche Gen (das väterliche Allel) ist abgeschaltet. Genetische Fehler, die das mütterliche Allel des UBE3A-Gens betreffen, können demzufolge durch das väterliche Allel nicht kompensiert werden.

Das Angelman-Syndrom entsteht durch mehrere unterschiedliche Mechanismen:

  • etwa 75% der Patienten mit AS weisen eine interstitielle, de novo aufgetretene Deletion auf dem mütterlichen Chromosom 15 (15q11.2-q12) auf.
  • 1-2% der Patienten mit Angelman-Syndrom weisen eine paternale UPD15 (UPD15pat), d.h. beide Chromosom 15 sind väterlichen Ursprungs, das mütterliche Chromosom 15 fehlt.
  • Bei ca. 3% der Patienten liegt ein Imprinting Defekt vor. In diesem Fall trägt das mütterliche Chromosom im Bereich 15q11q13 eine väterliche Prägung, wodurch das UBE3A-Gen auch auf dem Chromosom abgeschaltet ist.
  • Bei ca. 10-15% der Patienten lassen sich Mutationen im UBE3A-Gen nachweisen.
  • Bei ca. 10-15% der Kinder mit Verdacht auf ein AS-Syndrom lässt sich keine Deletion, UPD15pat, Imprinting Defekt und keine UBE3A-Mutation nachweisen. In diesen Fällen sind die genetischen Ursachen unklar.

Es besteht eine Genotyp/Phänotyp Korrelation, wobei Patienten mit Deletionen schwerer und Patienten mit UPD und Imprinting Defekten milder betroffen sind.

Da ca. 75% der Fälle auf eine de novo Deletionen zurückzuführen sind, ist das Wiederholungsrisiko gering. Gleichwohl werden auch Familien mit einem gehäuften Auftreten des Angelman Syndroms beschrieben, was im Wesentlichen davon abhängt, welche der o.g. Ursachen für das Auftreten des Angelman-Syndroms verantwortlich ist.

Weitere Informationen zu Mikrodeletions-Syndromen finden Sie hier.

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