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Wie vom Schlag getroffen

Immer wieder hört man von Sportlern, die beim Training plötzlich zusammenbrechen und an Herzversagen sterben. Häufig lässt sich das auf eine unerkannt gebliebene Herzerkrankung oder einen Herzfehler zurückführen. Eine häufigere erblichere Form einer Herzmuskelerkrankung stellt die Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) dar. Zuletzt traf es mit Davide Astori (https://www.welt.de/sport/fussball/article174241049/Davide-Astori-31-Herzspezialist-ueber-den-ploetzlichen-Herztod.html), dem Kapitän des AC Florenz, sogar einen Fußballer, der gar nicht unter körperlicher Belastung, sondern im Schlaf verstarb.

Was ist eine Hypertrophe Kardiomyopathie?

Der Hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) liegt eine genetisch bedingte und vererbbare Erkrankung des Herzmuskels zugrunde. Etwa 1 von 500 Patienten erkranken daran. Stellen Sie sich Ihr Herz wie eine kräftige Muskelpumpe vor, die durch ständiges Ansaugen und Auswerfen von Blut Ihren Kreislauf aufrecht hält. Eine genetische Fehlprogrammierung lässt mit zunehmendem Lebensalter die Muskulatur der linken Herzkammer verdicken. Dadurch schränkt sich ihre Funktion ein. Bei manchen Patienten verengt sich (Obstruktion) auch unter Belastung die linke Ausflussbahn (Aortenstenose) der Herzkammer. Die Folge: die Herzkammer sieht sich einer erhöhten Druckbelastung ausgesetzt, die sie nicht abzuleiten vermag. Dadurch versteift sich mit der Zeit der Herzmuskel. Sie füllt sich nur noch eingeschränkt mit Blut, das sich stattdessen in die Lungenvenen zurückstaut. Irgendwann ist auch das kräftigste Herz überlastet und versagt seinen Dienst.

Ursache: Gendefekt

HCM vererbt sich autosomal dominant. Das bedeutet, dass statistisch gesehen bei jedem zweiten Nachkommen eines Betroffenen unabhängig vom Geschlecht ebenfalls diese genetische Störung vorliegt. In selteneren Fällen vererbt sich die Krankheit autosomal rezessiv. Dann erkranken die Kinder nur, wenn beide Elternteile die zugehörigen Gendefekte aufweisen und sie in Kombination weitervererben. Diese Variante betrifft rund ein Viertel der Patienten. In der Regel bricht die Krankheit erst nach dem 13. Lebensjahr aus. Jüngere Kinder tragen den Gendefekt lediglich in sich, ohne dass er sich bereits bemerkbar macht. Etwa die Hälfte aller HCM-Patienten teilen die Erkrankung mit Verwandten ersten Grades; damit liegt bei ihnen eine familiäre hypertrophische Kardiomyopathie (FHC) vor. Bei ca. 50% der Betroffenen ist der Gendefekt neu entstanden (Neumutation), kann aber mit 50%iger Wahrscheinlichkeit an Kinder weitergeben werden.

Es sind gegenwärtig rund 1.500 Gendefekte (Mutationen) an über 27 Genorten bekannt, die bei der Erkrankung eine Rolle spielen. Sie kodieren überwiegend Proteine (Eiweiße), die die Kontraktion von Herzmuskelzellen steuern. Durch ihre defekte Programmierung beeinträchtigen sie die Bildung von Myosin. Myosin wird benötigt, damit der Muskel chemische Energie in Kraft und Bewegung umwandelt.

Eigenheiten

Ob die Betroffenen jemals erkranken – und wenn ja, wie schwer – lässt sich nicht genau prognostizieren. Etwa ein Drittel der Anlageträger erkranken auch bis ins hohe Alter nicht. Selbst Familienmitglieder mit identischer Genveränderung können ein breites Spektrum an Ausprägungen aufweisen, das von völliger Gesundheit über leichte Symptomatik bis hin zu schwerster Erkrankung reicht. Auch die Symptome unterscheiden sich individuell. Wer heute keine aufweist, sollte daraus jedoch nicht schließen, dass es auch künftig so bleiben wird. Wer hingegen bereits weiß, dass er die genetischen Anlagen in sich trägt, sollte sich stattdessen regelmäßig präventiv untersuchen lassen. So lässt sich der Ausbruch der Erkrankung frühzeitiger erkennen. Weist der Betroffene ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod auf, lässt sich dieses mit einer medikamentösen Therapie oder einer Operation senken.

Prognose

HCM erweist sich als nicht heilbar, aber bei frühzeitiger Diagnose als gut behandelbar, so dass die meisten Patienten ein normales Leben ohne elementare Einschränkungen führen können. Bei einem Teil der Patienten treten jedoch Komplikationen auf.

Diagnostik

Die Patienten weisen oft keine bis unterschiedliche Beschwerden auf. Zu den offensichtlichsten Symptomen zählt Luftnot unter Belastung. Häufig zeigen sich die Beschwerden jedoch als asymptomatisch (Brustschmerzen, Schwindel). Das erschwert die Diagnostik.  Bleiben mittlere bis schwere Herzrhythmusstörungen langfristig unentdeckt, können sie zum Tod führen. Die diagnostischen Mittel der Wahl stellen Elektrokardiogramm (EKG), Ultraschallkardiographie, Kernspintomographie und Herzkathederuntersuchung dar. Sie erzeugen jedoch nur in Grenzen zuverlässige Ergebnisse. Um die Diagnose abzusichern, empfiehlt sich deshalb zusätzlich eine genetische Untersuchung.

Absicherung mit Gentest

Ein Gentest ist unkompliziert, tut nicht weh und geht schnell. Man benötigt lediglich ein paar Tropfen Blut. Diese werden dann in einem Labor untersucht. Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen tragen die Kosten vollständig. Weil genetische Diagnosen u. U. erhebliche soziale, emotionale und psychische Folgen nach sich ziehen, macht der Gesetzgeber eine vorangehende genetische Beratung zur Pflicht. „Diese Beratung hat die Aufgabe, Sie nicht nur über medizinische Aspekte zu informieren, sondern Ihre Situation zu analysieren, so dass Sie in der Lage sind, die für Sie beste Entscheidung zu treffen. Natürlich vermitteln wir Sie auch an Experten, falls es erforderlich sein sollte“, betont die Humangenetikerin Dr. Saskia Kleier.

Die Untersuchung empfiehlt sich für Menschen, in deren Familiengeschichte HCM bereits aufgetreten ist und die ihr Vererbungsrisiko ermitteln möchten. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt eine Gendiagnostik immer dann, wenn klinische Konsequenzen naheliegen oder wenn diese zur Klärung des Übertragungsrisiko erforderlich ist.

Neben einer effektiveren Diagnoseabsicherung und der Risikobestimmung bietet ein Gentest einen weiteren Vorteil: er ermöglicht im Fall eines Falles Präventionsmaßnahmen. Je früher HCM diagnostiziert wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten.

In den meisten Fällen lässt sich mit einem Gentest die Diagnose mit Gewissheit treffen. Bei einigen wenigen Patienten lässt sich bisher noch nicht eine Mutation in einem der bekannten Gene nachweisen.

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